[Rede anläßlich der Ausstellungseröffnung]


Rona Rangsch
earthskyearth – eine audiovisuelle Installation


Künstlerzeche Unser Fritz 2/3 , Herne 04.02.2006


Meine Damen und Herren, liebe Rona,

auch ich begrüße Sie herzlich zu dieser ein wenig ungewöhnlichen Ausstellung der Dortmunder Künstlerin Rona Rangsch. Sie hat ihre Ausstellung „earthskyearth – eine audiovisuelle Installation“ genannt. Und sie sehen Bilder einer imaginären Erde, die im Raum, im Himmel schwebt.

Rona Rangsch ist mit dem Flugzeug in der Nacht über das Ruhrgebiet geflogen. Sie hat dabei Fotos der Erde gemacht. Es sind Bilder der nächtlich beleuchteten Städte und der großen Straßen, die auf den Fotos helle farbige Spuren hinterlassen. Mit diesem Ausgangsmaterial arbeitet Rona Rangsch schon seit einigen Jahren. Sie collagiert das Material zu neune Arbeiten. Daraus hat sie in der Vergangenheit Objektkästen, Projektionen, Videos oder Bilder geschaffen.

Für die audiovisuelle Installation „earthskyearth“ hier in der Künstlerzeche hat sie aus diesem Fotomaterial eine Animation montiert. Sie hat die Bilder so zusammengesetzt, dass sie eine imaginäre Kugel formen, die sich langsam dreht, so dass sich die Bilder verändern. Zum ersten Mal hat Rona Rangsch diese Bewegungen, diese Filmbilder in einen Raum projiziert. Es sind zwei zeitversetzt projizierte, sich dauernd wiederholende Bilderfolgen, die sie nebeneinander und gegeneinander zeigt. Als Projektionsflächen dienen ihr mehrere durchscheinende dünne Stoffbahnen, die in mehreren Ebenen von der Decke hängen und sich langsam bewegen. Rona Rangsch setzt hier bei dieser Installation auch zum ersten Mal Geräusche ein.

Soweit das künstlerische Material, das sie im Ausstellungsraum erwartet. Das ist zunächst ein wenig nüchtern. Das ändert sich aber ganz schnell, wenn Sie den Ausstellungsraum betreten.
Es empfängt eine ungewohnte Dunkelheit, ein tiefes Brummen, eine Art langsames ruhiges Atmen und farbig bewegte Bilder, die im Raum zu schweben scheinen. Nachdem Sie sich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt und sich ein wenig orientiert haben, läuft vor ihren Augen ein ganz eigenartiger Film ab. Drehende Kugeln bewegen sich scheinbar im Raum. Und natürlich denkt man sofort and einen Blick aus dem Weltall auf die nächtliche Erde. Wie man es von Bildern der Weltraumfahrt kennt. Ein Blick, der scheinbar auf die Erde zufährt, ihr näher kommt, sich wieder entfernt oder ganz einfach an ihr vorbei zieht.

Aber diese Bilder der nächtlichen Erde beginnen sich in Farben aufzulösen. Die farbigen Strukturen gewinnen eine Art Eigenleben. Die Bewegungen der beiden Projektionen fangen an zu verschmelzen, sie scheinen zeitweise in sich überzugehen oder sich zu einer Bewegung zu verbinden.
Auch die unterschiedlichen Ebenen der Projektionsflächen lassen ganz neue Bilder entstehen. Sie verändern den Blick auf die Animation. Sie verändern die perspektivischen Ansichten. Sie lassen die Bilder je nach Standort größer erscheinen. Oder sie machen sie unscharf. Die langsame Bewegung der Stoffbahnen verschmilzt mit den bewegten Bildern.

„earthskyearth“ ist eine Installation, die gerade dazu einlädt, in ihr umherzugehen. Wenn man sich im Raum bewegt, sieht man immer wieder neue Bilder, die sich dauernd verändern. Bildern und Tönen verschmelzen und umfangen einen mehr und mehr. Der Blick auf die Erde, das Bild der Erde verliert all seine gewusste Festigkeit. Die Bilder verlieren mehr und mehr ihre Bedeutung als Abbilder. Die nächtlichen Lichter werden zu farbigen Strukturen. Sie werden zu flüchtigen Momentaufnahmen, zu farbigen Ereignissen. Sie geben Nichts eigentlich Horizontales mehr wieder, so wie wir die Erde eigentlich wissen. Sondern sie beginnen, sich scheinbar im Raum zu bewegen, losgelöst von allem einfach im Raum zu schweben. Sie schaffen so eine Art Himmel. Eine Reise ins Weltall.

Rona Rangsch schafft mit ihrer Installation einen ehr poetischen Blick auf technische Zivilisation. Wenn sie so wollen, ein Blick auf eine ungeheuere Energieverschwendung, der aber auch einfach nur schön ist.
Die Installation lädt zu einem ganz eigenen Erlebnis des Raums ein. Wenn man sich eine zeitlang im Raum bewegt oder auch einen Standort, einen eigenen Ort zu Schauen gefunden hat, bekommt die gesamte Installation etwas Meditatives. Die Töne und die Bilder verschmelzen, wenn man sich auf sie einlässt. Sie beruhigen. Sie können aber auch eine Art Schwindel erzeugen. Beinahe eine Art schwereloser Schwebzustand.

Seien Sie also vorsichtig. Und nicht davonfliegen. Immer den Boden fest unter sich behalten.


[Dr. Falko Herlemann, Herne, info@kunstbuero-herlemann.de]

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